Die »UmDenkSeiten« sind eine Plattform, die sich Denkmodellen von morgen zuwendet. Die Aufmerksamkeit richtet sich demnach auf Menschen, die unsere gesellschaftliche Ordnung und unser Zusammenleben anschauen, um deren Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen und diese wieder neu denken. Auf diese Weise sollen Vorstellungen geweckt werden, die wieder Lust auf Zukunft machen.
Im Blickwinkel der Tagesschau erscheint unsere Gegenwart zerbrechlich. Tag für Tag wird von neuen Katastrophen berichtet. Längst geht es dabei nicht mehr nur um den Klimawandel, das Artensterben oder die Finanzkrise. Da sind heute auch die Geflüchteten, die auf dem Grunde des Mittelmeeres liegen, die unbekannten Viren, die das gesellschaftlich-politische System auf den Prüfstand sowie die Kriegstreiber, die die Menschheit an den Abgrund stellen. Unterdessen steht fest, dass der Status quo ins Wanken geraten ist.
Zur Lebenswelt postmoderner Gesellschaften gehört deshalb auch das Gefühl, Teil einer Zeitenwende zu sein. Im Gegensatz zur industriellen Revolution handelt es sich jedoch nicht um eine Wende zum Besseren. Im Gegenteil – aller Aufschwung scheint dahin zu sein. Was einst Wohlstand und hohen Komfort versprach, ist zur Bedrohung geworden. Das Wirtschaftssystem und das in enger Verbindung dazu stehende Mantra des permanenten Wachstums erweisen sich in einer endlichen Welt als existenzgefährdend. Obwohl durch den Kapitalismus schon die ersten Krisen ausgelöst wurden, beginnt die Politik selbst in Krisenzeiten die Strategien zu intensivieren, mit denen sie bisher erfolgreich war. Wenn die Wirtschaft lahmt, druckt man eben neues Geld oder setzt auf andere künstliche Anreize, die den ausbleibenden Aufschwung wieder in Gang setzen sollen.
Der Soziologe Norbert Elias beschreibt mit dem „Nachhinkeffekt“ das Bewusstsein einer Gesellschaft, die sich im Abstieg befindet. Weil die Gesellschaft ihren Bedeutungsverlust nicht verkraftet und es nicht anders schafft, mit den sich verändernden Bedingungen umzugehen als mit intensiviertem Erfahrungshandeln, speist sich deren Selbstbild immer noch aus den Erfahrungen einer früheren Entwicklungsphase, obwohl sie sich unterdessen in einer ganz anderen Lage befindet. Auf diese Weise verharrt diese Gesellschaft im Gefühl einstiger Größe und verkennt dabei die eigene Unfähigkeit zur Gestaltung der neuen Lebensumstände.
In diesem Sinne entsteht ein gesellschaftlicher Tunnelblick, der die Wahrnehmung von Handlungsmöglichkeiten hemmt und mitunter sogar unmöglich macht. Mit dem Abstieg in die verringerteDie Vorstellung, sich in dieser Zukunft zurechtfinden zu müssen, weckt Ängste und Wut. Ohnmachtsgefühle wie diese finden in Protestbewegungen wie der „Letzte Generation“ oder „Fridays for Future“ ein gesellschaftliches Abbild. Und so ist es nicht überraschend, dass laut aktuellen Umfragen viele junge Leute pessimistisch in die Zukunft blicken.
Bedeutsamkeit geht jedoch auch ein Verlust an Zukunftsperspektive einher. Die Welt von morgen rast auf jene Szenarien zu, die uns aus Katastrophenfilmen wie Greenland bekannt erscheinen. Aus den Utopien von gestern wurden die Dystopien von morgen.
Die UmDenkSeiten leistet einen ermutigenden Beitrag für eine Gesellschaft, die ihre Zukunft verloren hat.
Beim Umgang mit Zukunftsängsten setzen die UmDenkSeiten nicht auf die Suche nach Schuldigen, die für die jeweiligen Miseren verantwortlich sind, sondern auf die Fähigkeiten des Menschen, die ihn als Spezies so einzigartig macht – nämlich die Fähigkeit zur Reflexion und Intention. In diesem Zusammenhang wird die Zukunft nicht als etwas verstanden, das vom Himmel fällt. Vielmehr wird hier die Zukunft als etwas begriffen, das im Ergebnis des eigenen Denkens und Handelns entsteht.
Auf den UmDenkSeiten werden daher Beiträge gesammelt, die uns von positiven Möglichkeiten zur Gestaltung unserer Lebenswelt berichten.
Die Bandbreite der Beiträge ist vielfältig. Von der Architektur der Zukunft über die klimaneutrale und nachhaltige Landwirtschaft bis hin zu einer gesellschaftlichen Zeitenwende werden hier prinzipiell keine Themen ausgespart. Wichtig ist dabei zu verstehen, dass die UmDenkSeiten weder einen Anspruch auf Allwissenheit noch die absolute Wahrheit erheben. Die Welt war immer schon komplex, jedoch gab es immer auch schon Entwicklungen, die uns hoffnungsvoll stimmen konnten. Niemand hielt beispielsweise für möglich, dass die Berliner Mauer innerhalb weniger Wochen zu Fall gebracht werden konnte. Nicht ohne Grund wird die Friedliche Revolution als das eindrücklichste Beispiel für einen fundamentalen Systemwechsel in der deutschen Geschichte angesehen.
Einige der Ideen, die auf den UmDenkSeiten vorgestellt werden, mögen aus unterschiedlichsten Gründen (noch) unerreichbar erscheinen, jedoch skizzieren sie wünschenswerte Veränderungen, die in eine Welt von morgen führen, in der man den Rest seines Lebens gerne verbringen möchte. Auf diese Weise tragen die hier vorgestellten Visionen auch zur gesellschaftlichen Potenzialentfaltung bei, denn, eine Zukunft, die weit und offen erscheint, ist etwas, das man kaum erwarten kann, und damit auch etwas, für das man sich mit ganzer Kraft einsetzen wird.
◾
Vgl. z. G.: Berg, Christian: Ist Nachhaltigkeit Utopisch? Wie wir Barrieren überwinden und zukunftsfähig handeln, München 2020, S. 410; Göbel, Maja: Unsere Welt neu denken. Eine Einladung, Berlin 2020, S. 9-22; Ebd.: Wir können auch anders. Aufbruch in die Welt von morgen, Berlin 2022, S. 9-17; 80-102; Suckert, Lisa: Die Zukunft in der Krise (26. März 2021), in: Max-Planck-Gesellschaft, online unter: https://www.mpg.de/16623464/die-zukunft-in-der-krise (abgerufen am 03.04.2024); Welzer, Harald: Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand, Berlin 2019, S. 7-15.
Die UmDenkSeiten gUG (haftungsbeschränkt) widmet sich der Aufgabe, positive Perspektiven einer möglichen Zukunft zu entwerfen, in der man wieder gerne sein Leben verbringen möchte. Dazu wird ein Internetportal betrieben, auf dem Text-, Ton- und Videomaterial veröffentlicht wird. Es handelt sich um Beiträge, in denen die Möglichkeiten zur Gestaltung des gesellschaftlichen Miteinanders neu gedacht und deren Alternativen diskutiert werden. Es werden Narrative in den Mittelpunkt gerückt, in denen es weniger um Krisen geht als vielmehr um Lösungsansätze. Dabei wird auf eine optimistische Darstellungsweise Wert gelegt. In diesem Sinne endet jeder Beitrag mit einem positiven Ausblick. Auf diese Weise möchte die Gesellschaft eine Öffentlichkeitsarbeit voranbringen, die mithilfe von Zukunftsvisionen auf geistigem Gebiet zur gesellschaftlichen Potenzialentfaltung beiträgt.
Die gemeinnützige Unternehmergesellschaft trägt den Namen „UmDenkSeiten“. Die Wahl der Bezeichnung erfolgte in Anlehnung an den Buchtitel „Unsere Welt neu denken“. In diesem Buch lädt Prof. Dr. Maja Göpel dazu ein, Denkbarrieren aus dem Weg zu räumen, um die Gesellschaft wieder zukunftsfähig zu gestalten. Der Inhalt dieses Buches ist für die UmDenkSeiten richtungsweisend. Stilistisch lehnt sich die Bezeichnung „UmDenkSeiten“ an den Titel des Online-Magazins „NachDenkSeiten“ an. Auf diese Weise soll deutlich gemacht werden, dass es neben der kritischen Website fortan auch eine utopische Website geben wird. Für die Zustimmung zur Verwendung des Namens sei dem Publizisten Albrecht Müller herzlich gedankt.
Dieser Satz wird oft Helmut Schmidt zugeschrieben. Ob er ihn tatsächlich gesagt hat, ist unklar – doch das ist letztlich zweitrangig. Wichtiger ist: Wenn Sie eine zukunftsweisende Idee haben, behalten Sie sie bitte nicht für sich – und gehen Sie damit erst recht nicht zum Arzt. Stattdessen wäre es ratsam, Ihre Visionen mit uns zu teilen, denn nur auf den UmDenkSeiten finden sie den Raum, der notwendig ist, um etwas zu bewirken.
◾
Vgl. Patalong, Frank: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Stammt dieser berühmte Satz wirklich von Helmut Schmidt? (19.02.2023), in: Spiegel Online.